
Alexander Hubov
April 2024
10 Min. Lesezeit
Bereits mit dem Jahressteuergesetz 2019 wurde die Behandlung von Gutscheinen, Geldkarten und zweckgebundene Geldleistungen neu geregelt. Diese Änderungen führten jedoch zu zahlreichen Auslegungs- und Anwendungsfragen und sind seitdem heftig umstritten. Mit dem BMF-Schreiben vom 13.04.2021 hat das Bundesministerium für Finanzen klare Voraussetzungen für die Sachbezugseigenschaft von Gutscheinen und Geldkarten geschaffen, die seit 2022 und bis heute gelten. Im Folgenden gehen wir auf die Änderungen durch diesen Anwendungserlass im Detail ein.
Der wichtigste Aspekt ist, dass nur Gutscheine und Geldkarten begünstigt sind, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Des Weiteren gilt, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann als Sachbezug gelten, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 S. 11 zweiter Halbsatz i. V. m. § 8 Abs. 4 EStG). Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass ein Gutschein nicht in bar ausgezahlt werden kann und dass die Einlösung eines Gutscheins nur im Inland möglich ist. Gebühren für die Bereitstellung oder Aufladung von Gutscheinen werden als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen des Arbeitgebers angesehen und deshalb nicht dem Arbeitslohn des Arbeitnehmers zugerechnet.
Die Sachbezugsfreigrenze wird von 44 auf 50 Euro angehoben
Gutscheine und Geldkarten müssen die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen.
Limitierte Netze
Limitierte Produktpalette
Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken
Gutscheine gelten als Sachbezug, wenn ausschließlich Waren oder Dienstleistungen vom Aussteller des Gutscheins aus seiner eigenen Produktpalette bezogen werden können (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O., Rz. 30). Der Sitz des Ausstellers und dessen Produktpalette sind hierbei nicht auf das Inland beschränkt.
Des Weiteren werden Gutscheine als Sachbezug angesehen, wenn ausschließlich Waren oder Dienstleistungen aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller/Emittent und Akzeptanzstellen bei einem begrenzten Kreis von Akzeptanzstellen im Inland bezogen werden können. Als begrenzter Kreis gelten hierbei städtische oder auf eine bestimmte Region beschränkte Einkaufs- und Dienstleistungsverbünde sowie von einer bestimmten Ladenkette mit einem einheitlichen Marktauftritt ausgegebene Kundenkarten.
Beispiele hierfür sind u.a.:
wiederaufladbare Geschenkkarten für den Einzelhandel
Tankgutscheine oder -karten von einer bestimmten Tankstellenkette mit einheitlichem Marktauftritt
Karten eines Online-Händlers, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette (Verkauf und Versand durch den Online-Händler) berechtigen, nicht jedoch, wenn sie auch für Produkte von Fremdanbietern (bspw. über einen Marketplace) einlösbar sind
Centergutscheine oder Kundenkarten von Shopping-Centern, Malls und Outlet-Villages
City-Cards und Stadtgutscheine
Gutscheine gelten als Sachbezug, wenn ausschließlich Waren oder Dientleistungen aus einer sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungspalette bezogen werden können. Hierbei kommt es nicht auf die Anzahl der Akzeptanzstellen oder den Bezug im Inland an.
Beispiele hierfür sind u.a.:
Personennah- und Fernverkehr, einschließlich bestimmter Mobilitätsdienstleistungen
Kraftstoff, Ladestrom („Alles, was das Auto bewegt“)
Fitnessleistungen
Streamingdienste für Film und Musik
Zeitungen und Zeitschriften, einschließlich Downloads
Bücher, auch als Hörbücher oder Dateien, einschließlich Downloads
Behandlung der Person in Form von Hautpflege, Makeup, Frisur und dergleichen (sog. Beautykarten)
Bekleidung inkl. Schuhe nebst Accessoires wie z. B. Taschen, Schmuck, Kosmetika, Düfte (sog. Waren, die der Erscheinung einer Person dienen)
Gutscheine gelten als Sachbezug, wenn ausschließlich Waren oder Dienstleistungen für bestimmte soziale oder steuerliche Zwecke aufgrund von Akzeptanzverträgen zwischen Aussteller und Akzeptanzstellen bezogen werden können.
Beispiele hierfür sind u.a.:
Verzehrkarten in einer sozialen Einrichtung, Papier-Essenmarken (Essensgutscheine, Restaurantschecks) und arbeitstägliche Zuschüsse zu Mahlzeiten (sog. digitale Essenmarken)
Behandlungskarten für ärztliche Leistungen oder Reha-Maßnahmen
Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen, einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nummer 34 EStG
Nicht als Sachbezug, sondern als Geldleistung werden u.a. die folgenden Aspekte angesehen:
eine Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Abschluss einer Kranken-, Krankentagegeld- oder Pflegeversicherung und Beitragszahlung durch den Arbeitnehmer, wenn die Zahlung des Arbeitgebers mit der Auflage verbunden ist, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Versicherungsvertrag schließt (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O.),
ein im Inland gültiges gesetzliches Zahlungsmittel oder Zahlungen in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland handelbaren ausländischen Währung,
zweckgebundene Geldleistungen oder nachträgliche Kostenerstattungen.
Darüber hinaus erfüllen Geldsurrogate nicht die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 des ZAG und gelten somit als Geldleistung. Hierbei zielt der Verwaltungserlass insbesondere auf die Gewährung von Geldkarten oder Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Kreditkarten mit überregionaler Akzeptanz ohne Einschränkungen hinsichtlich der Produktpalette, die im Rahmen unabhängiger Systeme des unbaren Zahlungsverkehrs eingesetzt werden können (BFH-Urteil vom 4. Juli 2018, a.a.O., Rz. 31). Auch Gutscheine und Geldkarten, die
über eine Barauszahlungsfunktion verfügen; es ist nicht zu beanstanden, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können,
über eine eigene IBAN verfügen,
für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder
als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können,
sind stets als Geldleistung zu behandeln.